Campus - 05.06.2013, Forschung
Mit Hilfe von namibischen Fährtenlesern untersucht ein Kölner Forscher; Jahrtausende alte Felsmalereien. Foto: Neanderthalmuseum, von Dirk Riße
Wie wohnten unsere Vorfahren? Wie lief der Alltag in ihren Höhlen ab? Antworten auf diese Fragen erhofft sich ein Kölner Forscher durch die Untersuchung von Felsmalereien und 14 000 Jahre alten Fußabdrücken. Drei Fährtensucher aus Namibia unterstützen ihn.
Die dunklen Höhlen der französischen Pyrenäen geben den Forschern Rätsel auf. Grotten, in denen bereits vor 14 000 Jahren Menschen lebten. In Tuc d’Audoubert zum Beispiel, wo sie in der jüngeren Altsteinzeit zwei filigrane Bisons aus Lehm modellierten. Und in Niaux, wo die Bewohner beeindruckende Felsmalereien von Pferden, Wisenten und Steinböcke hinterließen. Man findet in diesen Grotten mal Knochen von Bären, die vielleicht einmal Kindern als Spielzeug dienten, mal Haken in den Wänden, auf denen möglicherweise einmal Felle hingen.
Bekannt ist über das Leben dieser prähistorischen Menschen allerdings nur wenig. Wohnten sie Wochen oder Monate in den Höhlen? Waren sie krank, mussten sie schwere Lasten tragen? Viele Fragen, auf die es zurzeit noch nicht viele Antworten gibt.
Hinweise auf das Leben unserer Vorfahren
Damit das anders wird, starten
Tilman Lenssen-Erz von der Forschungsstelle Afrika des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Kölner Universität und Andreas Pastoors vom Neanderthal Museum in wenigen Tagen ein ungewöhnliches Projekt. Lenssen-Erz ist Spezialist für Felsmalerei, hat sich an Expeditionen im Tschad beteiligt und viele der insgesamt 50 000 Felsbilder am namibischen
Brandberg untersucht.
Besonders interessieren die Forscher die menschlichen Fuß- und Handabdrücke in den französischen Höhlen. „Sie liefern viele Hinweise auf das Leben der Menschen in der jüngeren Altsteinzeit“, so Lenssen-Erz. So sieht man in der 800 Meter langen Höhle von Tuc d’Audoubert den Abdruck eines Kindes, das an dieser Stelle ausgerutscht ist. Es konnte sich offenbar wieder aufrappeln, drückte seine Zehen und Hände in den Lehm.
Unterstützung aus Namibia
Weil kein Europäer die Abdrücke deuten kann, haben sich Lenssen-Erz und Pastoors Unterstützung aus Namibia geholt. In der Nähe von Tsumkwe in der Kalahari-Wüste, 800 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Windhuk, gibt es erfahrene Scouts aus dem Volk der San, die von ihren Vorfahren gelernt haben, Spuren von Menschen und Tieren zu deuten.
Drei von ihnen – Tsamkxao Cigae, C/wi G/aqo De!u und C/wi Kunta – hat Lenssen-Erz nun eingeladen, die Abdrücke in den französischen Höhlen zu untersuchen. Tsamkxao Cigae arbeitet als Jagdführer auf der Tsumkwe Country Lodge, C/wi Kunta als Fährtensucher für einen professionellen Jäger und C/wi G/aqo De!u als Scout für Jagdgesellschaften. „Sie sehen in Spuren Details, die uns nicht auffallen würden“, sagt Lenssen-Erz.
Das ungewöhnliche Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 20 000 Euro unterstützt. Am 7. Juni wird Lenssen-Erz nach Namibia aufbrechen, Anfang Juli die Fährtensucher im Neanderthal Museum in Mettmann vorstellen und anschließend mit ihnen in die Pyrenäen fahren. Die Ergebnisse werden protokolliert, und am 17. Juli berichtet das Team in der Kölner Universität von seinen Eindrücken aus den Höhlen. Was dabei herauskommt, ist ungewiss. „Wir werden sicher nicht die Geschichte der Steinzeit neu schreiben“, sagt Lenssen-Erz. „Aber wir hoffen auf viele neue Eindrücke, die Aufschluss über das Leben unserer Vorfahren geben.“
Copyright © 2012 Kölner Stadtanzeiger